Die Energiewende: Ausblick und Perspektiven  

Dr. Nina Scheer
SPD-Bundestagsabgeordnete Herzogtum Lauenburg/Stormarn-Süd

Die aktuellen Reformen der energiepolitischen Rahmenbedingungen, beginnend mit dem erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), sind geprägt von der Vorgabe, Kosten zu senken und die Erneuerbaren Energien besser in den Markt zu integrieren. Der jüngst vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf für eine EEG-Novelle spiegelt damit die öffentliche energiepolitische Diskussion des letzten Jahres, die im Schwerpunkt auf die EEG-Umlage fokussiert war.

Dr. Nina Scheer
Dr. Nina Scheer

Da steigende Energiepreise im täglichen Leben uns Sozialdemokraten zuvorderst ansprechen wurde insbesondere die SPD Adressat der Forderung nach einzugrenzenden Stromkosten. Hiermit medial eng verknüpft war und ist die Annahme, in dem weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien, abgebildet durch die EEG-Umlage, liege der hauptsächliche Kostentreiber. Richtigerweise gilt es im EEG enthaltene Überförderungen abzubauen. Übersehen werden darf dabei aber nicht, dass im weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien aufgrund der in den letzten Jahren stark gesunkenen Herstellungskosten (insbesondere Wind-Onshore und Photovoltaik) keine wesentlichen Kostensteigerungsfaktoren liegen. Erneuerbare Energien vermitteln die geringsten gesamtgesellschaftlichen Belastungen. Ein einseitiger Fokus auf die genannten Kosten vernachlässigt zudem die seit Jahren steigenden Energieressourcen-Importenergiepreise und auch die Endlichkeit fossiler Energieressourcen, ganz zu schweigen von den immensen Folgeschäden, Risiken und Endlagerkosten, die mit fossil-atomarer Energiegewinnung einhergehen. Auch die mit dem dezentralen Ausbau Erneuerbarer Energien verbundene regionale Wertschöpfung und hier entstehende Arbeitsplätze werden verbreitet unzureichend berücksichtigt.

In dem nun anstehenden Gesetzgebungsverfahren zur Reform des EEG gilt es somit zu gewährleisten, dass Ausbaubegrenzungen für Erneuerbare Energien, wie sie im Koalitionsvertrag angelegt sind, dennoch und zugleich dem ebenfalls mit dem Koalitionsvertrag vorgegebenen Anspruch „Energiewende zum Erfolg führen“ – so der Titel des Energiekapitels – gerecht werden.

Der Erfolg der zukünftigen Energiepolitik wird davon abhängen, sowohl die heute nicht „sichtbaren“ Kosten in der Preisgestaltung abzubilden als auch die weiteren Herausforderungen der Energiewende aufzugreifen. Zu diesen zählt, parallel zum weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien, begleitet von Energieeffizienz und Energieeinsparung, einen energiewirtschaftlichen Systemwandel vorzunehmen. Unser energiewirtschaftliches Energiegewinnungs- als auch Versorgungssystem wird sich für eine effiziente Ausgestaltung auf die dezentrale Akteursstruktur sowie auf die natürlichen Vorkommen und Eigenschaften Erneuerbarer Energien auszurichten haben. Große Einsparpotenziale liegen zudem im Lastmanagement, wonach auch auf der Nachfrageseite, insbesondere im gewerblichen Sektor, mit mehr Flexibilität die Energienachfrage besser strukturiert und damit auch reduziert werden kann. Damit kann auch eine bessere Netzauslastung erreicht werden.

In diesem Sinne sollte stetig überprüft werden, in welchem Umfang bereits Erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung mit entsprechendem Netznutzungsverhalten mehr Systemverantwortung übernehmen können und ob, wann oder in welchem Umfang mit einem neuen Marktdesign mit Erneuerbaren Energien Versorgungssicherheit garantiert werden kann. Denn: Je mehr Erneuerbare Energien zur Versorgungssicherheit beitragen und hiermit die Abhängigkeit von endlichen Ressourcen und deren Importen reduzieren desto nachhaltiger und planbarer gestalten sich Kosten- und Preisentwicklungen für Energie.

Mit der Reform des EEG sind statt Einspeisevergütungen für den weiteren Ausbau ab 2017 Ausschreibungen vorgesehen. Mit der Einführung von europaweiten Ausschreibungen, wie sie die EU-Kommission derzeit den Mitgliedstaaten vorzugeben versucht, wird der erfolgreiche Weg einer dezentralen, von Bürgerinnen und Bürgern mitgestalteten Energiewende verlassen. Wo bleiben Energiegenossenschaften und mittelständische Unternehmen? Internationale Erfahrungen mit Ausschreibungen vermitteln Unplanbarkeit und Verunsicherung (und damit verbundene Risikoaufschläge bei der Finanzierung von EE-Projekten), womit Energiegenossenschaften und mittelständische Unternehmen aus der Energiewende herausgedrängt werden. Damit wird auch der fortschreitende Umstieg auf Erneuerbare Energien (EE) ausgebremst. Das ist für eine „erfolgreiche Energiewende“ nicht zielführend. Insofern wird sich die Einführung von Ausschreibungen für den weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien in dem nun anstehenden Gesetzgebungsverfahrens einer kritischen Überprüfung – auch nach den Prämissen des Koalitionsverfahrens stellen müssen. Dieser sieht für Ausschreibungen vor, dass sie sich mit Blick auf die Ausbauziele in Pilotvorhaben bewährt haben müssen, bevor sie das geltende Einspeisevergütungssystem des EEGs ersetzen.

Darüber hinaus gilt es noch einen anderen Aspekt zu berücksichtigen: Die in Vorbereitung befindlichen Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) einerseits und Canada (CETA) andererseits könnten aus den europaweiten Ausschreibungen auch internationale werden lassen: Wenn ja, um welchen Preis?