Hiller-Ohm: „Null-Toleranz-Kündigungen sind unsozial!“
Zum Fall der schwerbehinderten 62-jährigen Reinigungskraft aus Bad Oldesloe, der nach 22 Jahren Arbeit für das Unternehmen von der Lübecker Bockholdt Gebäudedienste KG wegen der Entwendung von nicht abgebebenen Pfandflaschen gekündigt wurde, erklärt die für
den Kreis Herzogtum Lauenburg zuständige SPD-Bundestagsabgeordnete Gabriele Hiller-Ohm:
„Wieder einmal wird deutlich: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland sind schutzlos dem „Null-Toleranz-Prinzip“ bei Bagatelldelikten ausgeliefert. Entwendete
Pfandbons im Wert von 1,30 Euro, drei Kiwis oder auch nur eine Messerspitze Brotaufstrich wurden Beschäftigten zum Verhängnis – der Job ist weg, oft sogar fristlos, mit allen drastischen Konsequenzen für die Betroffenen und ihre Familien. Der Fall der schwerbehinderten
Reinigungskraft ist ein weiteres trauriges Beispiel für das unsoziale Umspringen mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei Bagatelldelikten. Das kann die Politik nicht tolerieren!
Bagatelldelikte werden bereits heute nicht nur im Strafrecht, sondern auch im Disziplinarrecht für Beamte oder auch von Zivilgerichten anders gewertet. Dem Oberlandesgericht
Celle reichte 2003 der Vorwurf von Privatausgaben mithilfe einer unternehmenseigenen Kreditkarte in Höhe von 164,20 DM als fristloser Kündigungsgrund für einen Geschäftsführer nicht aus. Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit?
Die SPD hat in der vergangenen Woche im Bundestag einen Gesetzentwurf eingebracht, der den Kündigungsschutz bei Bagatelldelikten verbessern soll. Bei Delikten mit
nur geringem wirtschaftlichem Schaden darf beim ersten Mal in der Regel nur eine Abmahnung ausgesprochen werden. Sinn und Zweck des Kündigungsschutzes, der im Normalfall bei Fehlverhalten das Prinzip der zweiten Chance kennt, werden so hergestellt. Es kann
nicht sein, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmerin und Arbeitgeber aufgrund eingesammelter Pfandflaschen, die sonst offenbar im Müll gelandet wären, unwiederbringlich zerstört ist. Wer sich darauf nach 22 Jahren Unternehmenszugehörigkeit beruft,
dem sind seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anscheinend völlig egal. Die SPD stellt sich gegen diese Willkür von Arbeitgebern gegenüber den Beschäftigten. CDU, CSU und FDP können im Bundestag zeigen, ob sie ebenso für eine gerechtere Arbeitswelt eintreten.